Was heute selbstverständlich ist, musste lange erkämpft werden. Dies zeigt die Sonderausstellung im Historischen Museum Luzern.
Im Schneckentempo zur Gleichstellung
Unter dem Titel «Eine Stimme haben» beleuchtet die Ausstellung im 2. Stock auf kleinem Raum 100 Jahre Kampf für mehr Frauenrechte und gibt den Luzerner Pionierinnen eine Stimme. Ein Besuch lohnt sich für Frau und Mann, für Alt und Jung!
Von Monika Fischer (Text und Bild)
Fünf lebensgrossen Frauenfiguren sprechen uns an, wenn wir in ihre Nähe treten. Die eine erzählt vom Verein für Frauenbestrebungen Luzern, der schon 1921 (!) eine Petition lanciert hatte, um den Frauen mehr Recht zu ermöglichen. Die Frau mit Schürze vor dem Kochherd hat dagegen nicht viel Zeit. Das Mittagessen muss auf dem Tisch stehen, wenn die Kinder von der Schule kommen. Sie zeigt: 1959 waren die traditionellen Rollenbilder in der Schweiz tief verankert. Dies untermalt das Video des Wettbewerbs von der Suche nach der perfekten Schweizer Hausfrau von 1967.
Wandgrosse Fotos (z.B. von der Saffa-Schnecke von 1928), Plakate für und gegen das Frauenstimmrecht, Ausschnitte aus Dokumenten (z.B. der Nationalrats-Ausweis von Josy Meier von 1971), Tafeln mit geschichtlichen Hinweisen und Videos vermitteln weitere Einblicke in die Frauengeschichte.
Schrill ertönen die Trillerpfeifen vom Marsch nach Bern vom 1. März 1969 und fordernd die Worte von Emilie Lieberherr vor dem Bundeshaus, mit denen sie die Gleichstellung der Geschlechter als Voraussetzung für die Verwirklichung der Menschenrechte propagierte: «Hend vertraue met de Fraue – Frauerächt sind Mönscherächt!»
Die Ausstellung macht deutlich: Trotz Einführung des Frauenstimmrechts und des Gleichberechtigungsartikels von 1981 war die Gleichstellung längst nicht erreicht. Dies trieb die Frauen am 14. Juni 1991 mit dem Slogan «Wenn frau will, steht alles still» landesweit auf die Strasse. Zu hören sind die teilweise noch heute aktuellen Forderungen von Agatha Fausch, die den ersten Frauenstreik in Luzern organisiert hatte. Erheiternd wirken aus heutiger Sicht die Erfahrungen der ehemaligen Nationalratspräsidentin Judith Stamm.
Der Gang durch die abwechslungsreich gestaltete Ausstellung weckt Erinnerungen und zeigt: Die Gleichberechtigung kam nicht von selbst. Die Frauen mussten immer wieder aufbrechen und sich wehren. Davon berichten die Bilder und Texte des zweiten Frauenstreiks 2019. Teilweise mit gleichen Themen, aber breiter abgestützt für eine Gleichstellung für alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Kultur und Herkunft.
Luzern, 30. März 2021 - monika.fischer@luzern60plus.ch
Infos zur Ausstellung
Die Theatertour «Wenn frau will... Auf dem Weg zur Gleichstellung» können Erwachsene zurzeit wegen der Pandemie leider nicht mitmachen. Sie wird ebenso wie die Ausstellung bis zum 29. August 2021 angeboten. www.historischesmuseum.lu.ch
Parallel zu «Eine Stimme haben» gibt es im Naturmuseum die Kabinettausstellung «Weibchen, Männchen… was soll’s». Sie geht der Frage nach der «natürlichen» Rolle von Weibchen und Männchen nach, indem sie die Tierwelt in den Fokus rückt.
www.naturmuseum.ch