Die Musikgeragogin Ursula Zihlmann leitet das gemeinsame Singen für Menschen mit Demenz, ihre Angehörigen, Bezugspersonen und weitere Singbegeisterte.
... und wer froh ist, ist ein König
Viermal im Jahr treffen sich rund 30 Personen im Viva Luzern Wesemlin zum gemeinsamen Singen von Liedern. Organisiert vom Netzwerk Demenz Stadt Luzern, geniessen die Teilnehmenden nach der Singstunde Kaffee und Kuchen.
Von Monika Fischer (Text und Bild)
Nach dem Besuch der Fachtagung Musikgeragogik wollte ich das Angebot des gemeinsamen Singens von Liedern vom Frühling und von vergangenen Zeiten im Viva Luzern Wesemlin selber kennenlernen: Nach und nach treffen die alten Frauen und einige Männer allein oder mit Begleitung im Mehrzwecksaal ein. Ursula Zihlmann und Claudia von Moos vom SOS-Dienst der Stadt Luzern heissen alle einzeln persönlich willkommen. Einige nennen sie beim Namen, waren sie doch schon mehrmals dabei.
Nach einem kurzen Aufwärmen beginnt die Stunde mit «Froh zu sein bedarf es wenig.» Der Gesang klingt voll und klappt sogar im Kanon. Auch bei «S’esch mer alles ei Ding» singen die Teilnehmenden kräftig mit. Nach dem Verteilen des Liedheftes lädt die Musikerin die Anwesenden zu einer Wanderung ein. «Im Frühtau zu Berge» ertönt die Melodie auf der Handorgel. Ich geniesse das unbeschwerte Singen der altvertrauten Lieder. Viele Erinnerungen tauchen auf, so auch bei «Vo Lozärn gäge Weggis zue». Ein begeistertes Klatschen folgt.
Etliche Wünsche
Auf die Ankündigung des nächsten Liedes «Freut euch des Lebens» höre ich hinter mir eine Stimme: «Die Melodie kenne ich noch, die Worte aber habe ich vergessen.» Hie und da blicke ich mich unauffällig um. Alle sind ins Singen vertieft, einige mit Blick aufs Liederheft, andere auswendig. «So schön», heisst es immer wieder, wenn ein Lied fertig ist.
«Wer hat noch einen Liederwunsch?», fragt Ursula Zihlmann in die Runde. Schnell werden Wünsche laut: «Que sera», «My Bonny», «das Quodlibet». «Das geht ja viel besser als letztes Mal», ertönt ein freudiger Ausruf.
Mer Senne heis luschtig
«Wer kennt das folgende Lied mit vier Strophen?», fragt die Leiterin und zitiert einige Sätze. «Mer Senne heis luschtig», rufen mehrere Stimmen. Auf die Frage: «Habt ihr es auch lustig?» kommt die Antwort rasch: «Beim Singen schon.» Eine Frau möchte den Jodel solo singen. Ihre Stimme klingt klar und fest, und sie freut sich über den Applaus.
Als nach der Singstunde alle Teilnehmenden bei Kaffee und Kuchen zusammensitzen, gratuliere ich ihr. Glücklich meint sie: «Ich habe mein Leben lang immer gesungen, war 40 Jahre in einem Chor, jetzt bin ich 91. Früher hatte ich Angst, allein zu singen, jetzt nicht mehr. Ich singe einfach. Es tut mir gut.»
Das Netzwerk Demenz Stadt Luzern
15 Organisationen beteiligen sich am Netzwerk Demenz Stadt Luzern. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedingungen für Menschen mit Demenz und deren Angehörigen unter anderem mit gemeinsamem Singen zu verbessern. «Die musikgeragogische Arbeit möchte die Lebensqualität der Menschen nachhaltig fördern, erhalten und steigern. Dies wirkt sich positiv auf das Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen der Teilnehmenden aus, bereitet Freude und bereichert den Alltag», schreibt die musikalische Leiterin Ursula Zihlmann. Die Pflegefachfrau HF, Sozialarbeiterin FH hat einen CAS-Abschluss in Musikgeragogik an der Hochschule Luzern.
Weitere Daten siehe Agenda.
17. Mai 2024 – monika.fischer@luzern60plus.ch