Heinz Haldi: «Die Parteien müssen etwas dafür tun, damit die Stimmbeteiligung zunimmt.»
Warum in Littau so wenige zur Urne gehen
Die beiden Stadtteile Littau und Reussbühl wiesen bisher eine sehr kleine Stimmbeteiligung auf. Bleibt das so, wird die Chance vertan, die Wahlen vom 28. April mitzuentscheiden. Wie es dazu gekommen ist und was dagegen getan werden könnte, weiss Heinz Haldi, der 28 Jahre im «Ochsen» gewirtet hat.Von Albert Schwarzenbach (Text) und Joseph Schmidiger (Bild)
Bereits im 15. Jahrhundert gab es im Zentrum von Littau eine Herberge. In späteren Zeiten verwandelte sie sich in eine Metzgerei mit einem Restaurant im ersten Stock. 1944 erwarb Karl Haldi das Gebäude und bewirtschaftete es bis zu seinem Tod im Jahr 1958. Sein Sohn Karl Haldi führte es dann weiter. 1976 kam die nächste Generation zum Zug. Heinz Haldi pachtete die Räume von seinem Vater und kaufte die ganze Liegenschaft im Jahr 1986. Heute führt eine Baugenossenschaft das Haus. Er selber ist in Pension.
Freud und Leid
Der «Ochsen» wurde in all den Jahren zum beliebten Treffpunkt mitten im Dorf. Berner Jodler, der Abendzirkel, die Feuerwehr, die Turner und der Kirchenchor kamen dort zu einem Schlummertrunk zusammen. In der Gaststätte sassen Unternehmer neben einfachen Arbeitern. «Da wurde Politik gemacht», erinnert sich Heinz Haldi. In der Nähe der Kirche erlebte er Freud und Leid – von der Taufe bis zur Firmung, der Hochzeit bis zum Leidmal. Tag für Tag empfingen er und seine Frau Rita die Dorfbevölkerung und gaben ihnen eine Heimat.
Fusion kein Thema mehr
Wer so mitten im Leben in einer Gaststätte steht, hört viel und macht sich so seine Gedanken. Zum Beispiel zu den kommenden Wahlen und insbesondere zur Stimmbeteiligung. Sie liegt in Littau und Reussbühl seit jeher unter dem Durchschnitt der übrigen Stadtteile. Warum ist das so? Ist die Bevölkerung ganz einfach zufrieden mit der Situation und möchte nichts daran ändern? Oder ist es wegen der vielen Migrantinnen und MIgranten, die nicht stimmberechtigt sind? Aber sie gibt es ja auch anderswo. Oder fühlen sich die beiden Stadtteile immer noch etwas an den Rand der Stadt gedrängt, obwohl die Fusion längst kein Thema mehr ist?
Sorgenkind Baubewilligungen
«Wahrscheinlich spielen alle Faktoren eine Rolle», meint Heinz Haldi. Die Zusammenarbeit mit den Amtsstellen in der Stadt verläuft vielfach schwerfällig und zeitraubend. Dies zeigt sich beispielsweise bei den Baubewilligungen. Was früher mit einem Gang in die Gemeindeverwaltung speditiv erledigt werden konnte, erfordert heute einen mühseligen Prozess mit den Mitarbeitenden der Baudirektion. «Ich nehme es gerne auf», heisst es dann jeweils bei den Behördenmitgliedern bei ihren Besuchen in Littau. Aber dann geschieht doch nichts.
Mehrheitlich bürgerlich
Auch die Politszene hat sich in der Zwischenzeit geändert. Dominierte vor zwanzig Jahren die damalige CVP den Gemeinderat und den Einwohnerrat, so ist in der Zwischenzeit die SVP stark aufgekommen. «Wahrscheinlich spiegelt sich darin ein Unbehagen wegen der starken Zuwanderung», sagt Heinz Haldi und wünscht, dass sich die Migranten verstärkt in die Gemeinschaft des Stadtteils einbringen. Noch sind Littau und Reussbühl mehrheitlich bürgerlich. Mit den vielen Neubauten könnte sich die Bevölkerungsstruktur allerdings ändern und die linken Parteien an Zuspruch gewinnen.
Wunsch an Marco Baumann
Was müsste geschehen, damit die Stimmbeteiligung zunimmt? Vorbei sind die Zeiten, als die Stimmzettel im Schulhaus abgegeben wurden und sich die Stimmberechtigten anschliessend zu einem Glas Wein oder einem Bier im «Ochsen» trafen. Das Interesse an der Politik scheint grundsätzlich nach wie vor vorhanden, wie sich bei einem Podiumsgespräch vor wenigen Wochen gezeigt hat. «Aber die Parteien müssten etwas dafür tun», meint der langjährige Gastwirt. «Zum Beispiel zu Informationsveranstaltungen nicht nur vor den Wahlen, sondern während der ganzen Legislaturperiode einladen.» Hoffnungen setzt er auf den freisinnigen Kandidaten Marco Baumann, der aus Littau stammt. «Er müsste diesen Wunsch aufnehmen», meint Heinz Haldi. Denn «nach den Wahlen ist vor den Wahlen».
15. April 2024 – albert.schwarzenbach@luzern60plus.ch