Das Alters- und Pflegeheim Unterlöchli.
Kosten steigen, Einnahmen nicht
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Alters- und Pflegeheim Unterlöchli betrug 2010 3,5 Jahre. Heute sind es noch 2,5 Jahre. Tendenz: weiter sinkend. Das sorgt für neue Herausforderungen.
Von Albert Schwarzenbach (Text) und Josef Schmidiger (Bild)
Die Welt scheint im Unterlöchli noch in Ordnung. Zumindest im hellen, freundlichen Eingangsbereich, wo die Bewohnerinnen und Bewohner zusammensitzen. Täglich um 15.30 Uhr wird dort Kaffee serviert. Und eine Reihe von Aktivitäten und kulturellen Höhepunkten warten auf die älteren Menschen, vom Tanzen bis zum Gesang und Konzerten im hauseigenen Konzertsaal.
Doch so heil wie auf den ersten Blick ist diese Welt nicht. Zwar ist die Stimmung sehr gut und ein frühere Koch des KKL zaubert feine Speisen auf den Tisch. «Aber auch wir haben unsere Sorgen», sagt Geschäftsführer Werner Sägesser, der den Betrieb seit 13 Jahren leitet.
Professionelle Distanz
So wirkt sich die kürzer werdende Aufenthaltsdauer auf das Personal aus. «Ein professioneller Spagat ist das», sagt Sägesser. «Die Pflegenden bauen eine Beziehung zu den Menschen auf, die plötzlich durch den Tod abbricht.» Wer mit Herzblut bei der Arbeit ist – und das ist bei den Angestellten der Fall –, muss plötzlich Abschied nehmen, was emotionell nicht leichtfällt. Es brauche neben der persönlichen Nähe auch eine professionelle Distanz, um damit umgehen zu können.
Diese Situation werde sich noch zuspitzen, denn wegen der ambulanten Angebote blieben die Leute länger in ihrem vertrauten Umfeld, was durchaus erwünscht sei. Für das Heim aber bedeute das, dass die Neueintretenden älter und häufig pflegedürftiger seien als früher. Was wiederum das Personal fordere. Hilfreich ist, wenn sich die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner auf diesen Schritt vorbereiten. Das Heim bietet beispielsweise auch die Option eines Ferienaufenthaltes an, was erlaube, das mögliche neue Umfeld mit weniger Druck kennenzulernen.
Beschränkter Spielraum
Das Gespräch dreht sich immer wieder um das Pflegepersonal und die Finanzen. Der Arbeitsmarkt der Pflegenden sei ausgetrocknet, die Fluktuation in der Branche gross. Es ist jedoch nicht so, dass wie in anderen Heimen Zimmer oder gar Abteilungen wegen Personalmangels geschlossen werden müssen. Das «Unterlöchli» versteht sich denn auch als «fairer, wertschätzender und sozialer Arbeitgeber». Denn wer sich am Arbeitsplatz wohl und wertgeschätzt fühle, bleibe auch länger. Dies sei ein Potenzial, das es auszuschöpfen gelte. Und dafür tut die Geschäftsleitung einiges: von Gratistickets für das Kleintheater bis zum täglichen Gratis-Znüni. Zurückzuführen ist diese Haltung auch auf den Trägerverein, der von Persönlichkeiten wie den beiden alt Stadtpräsidenten Franz Kurzmeyer und Urs W. Studer geprägt worden ist und immer noch wird.
Ein Thema sind auch immer die Finanzen. 50 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner beziehen Ergänzungsleistungen und beziehen dementsprechend eher etwas kleinere Zimmer. Die Aufenthaltstaxen sind im Unterlöchli im Vergleich zu anderen Heimen moderat und zeigen ein faires Preis-/Leistungsverhältnis. Offen bleibt, wie lange diese Preise noch so bleiben. Denn für dieses Jahr drohen seit langer Zeit erstmals rote Zahlen. Die steigenden Personal- und Energiekosten werden die Erfolgsrechnung belasten. Gleichzeitig geraten die Einnahmen unter Druck – insbesondere von den Krankenkassen, die alle Vorgänge genau dokumentiert haben wollen. Was zu aufwendigen Abrechnungssystemen und einem grossen administrativen Aufwand führt. «Die Pflegenden sitzen bald mehr vor dem Computer als bei den Bewohnern», stellt Sägesser fest. Und das ist generell bei den Pflegeheimen so, nicht nur im Unterlöchli.
Qualität kostet
Glücklicherweise hat sich bis jetzt die Standortgemeinde Luzern als weiterer wichtiger Partner konstruktiv und fair gezeigt. Der Geschäftsführer hat dort Verständnis für seine Anliegen gefunden. Aber eben: Qualität kostet. Die ununterbrochen steigenden Gesundheitskosten beschäftigen auch Sägesser, Lösungen scheint es keine zu geben. Für ihn gilt, den Spielraum, den man sich im Laufe der Jahre erarbeitet hat und den ihm die Trägerschaft bietet, auszunützen – zum Wohle der Bewohnerinnen und Bewohner. Und dass ihm das gut gelingt, zeigen die zufriedenen Gesichter im Eingangsbereich.
14. August 2023 – albert.schwarzenbach@luzern60plus.ch