Wolfgang Sieber. Foto: Dany Schulthess
Singen mit Wolfgang Sieber
30 Jahre lang war Wolfgang Sieber Organist in der Hofkirche. Jetzt ist er pensioniert. Im «Unruhestand» ist er jedoch alles andere als untätig. So lädt er zu einem Singen für Ältere in die Lukaskirche ein. Erstmals am Donnerstag, 30. Juni, um 15.00 Uhr. Von Albert Schwarzenbach (Text) und Dany Schulthess (Bild)
Die Kirchenmusik wurde ihm in Lichtensteig im Kanton St. Gallen buchstäblich in die Wiege gelegt. Seine Mutter sang im Kirchenchor, der Vater war Kirchenmusiker. Mit fünf Jahren sass Wolfgang Sieber zum ersten Mal am Klavier. Als Zwölfjähriger begleitete er seinen Vater bei Schubert-Liedern und Bach-Kantaten. Später begann er eine musikalische Ausbildung, die ihn bis nach München und Paris führte.
In der Schweiz wurde er zum Organisten in der Hofkirche und beschritt neue Wege. Für ihn war die Orgel nicht einfach ein Begleitinstrument zur Messe. Mit einem Veranstaltungszyklus mit dem Namen «Orgelsommer» brachte er Jodler und Rapper, Funk und Klassik in der Kirche zusammen. Die Ideen schienen ihm nie auszugehen, bis sich der Ruhestand ankündigte.
Singen mit Gefühlen
In all den Jahren bedeutete ihm das Singen viel. «Gefühle im Singen, Freude und Trauer sind nicht zu überbieten», sagt er. Und das alles in der Gemeinschaft. «Ich war Einzelkind und suchte die sozialen Kontakte.» Auch wenn er sie zu Hause hatte, denn zusammen mit seiner Frau Sylvia zog er acht Kinder auf. Und bereits freuen sich acht Enkelkinder auf den Grossvater. «Der gute Umgang mit anderen Leuten ist das A und O im Leben», meint Wolfgang Sieber.
Alt Regierungsrat als Überraschungsgast?
Der Katholik kommt jetzt in die reformierte Lukaskirche. «Singen für Ältere» nennt sich sein Angebot. Jeweils am letzten Donnerstag des Monats um 15.00 Uhr kommen Senioren zusammen, um eine Stunde lang miteinander Lieder anzustimmen. Auch Enkelkinder sind herzlich willkommen. Von Beatles-Songs wie «Yesterday» bis zu den Chansons von Mani Matter. Bei Kaffee und Kuchen wird anschliessend die Geselligkeit gepflegt, unterbrochen von einem Überraschungsgast. Wer wird es wohl sein? Der langjährige Regierungsrat Toni Schwingruber etwa? Oder die frühere Rebstock-Wirtin Claudia Moser?
Neue Pläne
Die Lukaskirche findet Wolfgang Sieber für sein Projekt sehr geeignet, denn sie hat die richtige Grösse und die zweitschönste Orgel der Stadt Luzern. Gespannt ist er, wie viele Leute zu seinem Singen kommen werden. «60 wären grossartig, 15 eine positive Überraschung», meint er dazu. Auf jeden Fall will er zusammen mit der Kirche die Werbetrommel rühren. Wenn das Angebot Anklang findet, wird es nach einer Experimentierphase weitergeführt. Und Wolfgang Sieber wäre nicht Wolfgang Sieber, wenn er nicht schon weitere Ideen hätte: ein Weihnachtssingen beispielsweise, ein Auftritt an einem Gottesdienst oder eine Videoproduktion. Mit dem Verein der Luzerner Orgelfreunde setzt er sich für die Orgel der Peterskapelle oder gar eine Orgel in Hergiswald ein.
Grenzen aufgezeigt
Ein Unfall hat ihm vor drei Jahren gezeigt, welch Geschenk es ist, auch im letzten Lebensabschnitt noch öffentlich zu wirken. Er ist zweieinhalb Meter über eine Wendeltreppe hinuntergestürzt und nachher von Spital zu Spital weitergereicht worden. Das hat ihm die eigenen Grenzen aufgezeigt. Der Organist hält sich heute schwimmend im See und im Fitnessstudio fit, damit er sich mit gutem Gewissen auch ein Glas Rotwein gönnen kann. Denn, das ist sein Wille, «ich mache weiter, so lange ich kann».
2. Juni 2022 – albert.schwarzenbach@luzern60plus.ch