Im Café TrotzDem in Luzern begegnen sich Menschen mit Demenz, ihre Angehörigen und weitere Interessierte in entspannter Atmosphäre.
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben –
trotz Demenz
Gemeinsam verbringen die Gäste im Café TrotzDem einen geselligen Nachmittag in entspannter Atmosphäre. Sie tauschen sich aus und bekommen Antworten auf ihre Fragen.
Von Monika Fischer (Text) und Joseph Schmidiger (Bild)
Von einem Regal leicht abgedeckt sitzt die pensionierte Sozialarbeiterin Beatrice Frey am langen Holztisch in «melissa’s kitchen». Sie leitet das von Alzheimer Luzern organisierte Café TrotzDem und freut sich, dass dieses nach der pandemiebedingten Pause wieder offen ist und jeweils von 10 bis 14 Personen besucht wird. Sie wird unterstützt durch Vreni von Arb, die fünf Jahre mit ihren sieben Geschwistern ihren Vater mit Demenz zuhause gepflegt hat.
Nach und nach trudeln die Gäste ein. Eine Frau schildert die schwierige Situation mit ihrem aggressiv gewordenen Mann. Sie ist froh, endlich offen erzählen zu können, was sie belastet. Die beiden Leiterinnen hören zu, fragen nach und geben ihr die Adressen, wo sie fachliche Unterstützung bekommen kann. Ein weiteres Paar wird von Tochter und Enkelin begleitet. Sie sind ebenfalls das erste Mal hier und suchen Beratung im Umgang mit dem an Demenz erkrankten Mann und Vater.
Wo nichts erklärt werden muss
Nachdem der lange Tisch besetzt ist, setzen sich die später eintreffenden Gäste an einen kleineren Tisch. Sie kennen sich bereits von der Gesprächsgruppe. Auf die Frage der Serviererin, ob er ein Glas oder eine Flasche wolle, findet der 69-jährige Urs die Worte nicht und sagt: «Einfach Cola.» Der 49-jährige Stefan erzählt, dass er kürzlich einen Polizisten nach dem Weg fragen musste. «Das geht mir oft auch so, dass ich den Weg nicht mehr finde», meint Rita und lacht. Alle stimmen ins Lachen ein. «Lachen ist besser, als sich aufzuregen, geht es doch nicht anders.» Alle nicken zustimmend. Sie finden es wichtig, sich nicht zu verstecken, sondern wenn nötig mit Begleitung hinauszugehen und beim Café TrotzDem mitzumachen.
Stefan schildert den Besuch in der Memory Clinic: «Es war ein brutal schlimmer Tag. Seither ist alles für mich Neuland.» Er musste seinen Beruf aufgeben und arbeitet jetzt im Brändi. «Es zerreisst mich fast, wenn ich Karton falten muss, und scheisst mich an. Alles kam miteinander: Demenz, Verlust der Arbeit, Scheidung.» Die andern hören zu, Rita erzählt, wie es war, als sie den Beruf aufgeben musste, von den Wanderungen mit ihrem Mann und wie ihr das Herumrennen im Wald guttut. Dies bringt auch Stefan auf andere Gedanken. Er freut sich, gemeinsam mit der Familie Weihnachten zu feiern. Er wird die Wohnung festlich dekorieren und für alle kochen.
Dabei sein
Urs sitzt meistens still da und flüstert: « Ich sage nicht mehr viel. Meine Frau sagt, ich solle hinaus gehen und begleitet mich meistens.» Inzwischen ist auch Annamaria eingetroffen und erzählt von der vor der Pensionierung ihres Mannes ausgebrochenen Demenzkrankheit. «Es war eine riesige Umstellung auch für mich. Früher hatten wir immer gute Gespräche, was jetzt nicht mehr möglich ist.» Es ist besonders schmerzlich für sie, wenn sie merkt, dass ihr Mann seine Grenzen realisiert. Und doch ist sie dankbar für die vielen guten gemeinsamen Jahre. «Jetzt müssen wir nicht Dingen nachtrauern, die wir verpasst haben und nicht mehr viel reden. Es gibt eine andere Art der Verbindung.» Sie streichelt die Hände ihres Mannes, ein Lächeln breitet sich auf dessen Gesicht aus. Das Paar besucht das Café TrotzDem wenn möglich regelmässig. Sie schätzen es, Menschen zu treffen, die sie kennen, nichts erklären zu müssen und angenommen zu sein.
Niederschwelliges Angebot wird geschätzt
Für die beiden Leiterinnen ist es das Wichtigste, zuzuhören, was die Leute beschäftigt und sie über Angebote zu informieren. Manche wollen lediglich eine Information. Anderen ist der Austausch wichtig, und sie geben sich in familiärer Atmosphäre gegenseitig Rat. Wie das Interesse zeigt, entspricht das niederschwelligen Angebots im Café, wo bei Familie Truniger alle willkommen sind und die Gäste ohne Anmeldung nach Belieben kommen und gehen können, einem Bedürfnis.
Das Café TrotzDem findet in Luzern in «melissa’s kitchen», Hirschengraben 19, jeweils donnerstags zwischen 14.30 bis 17 Uhr statt. Es ist kostenlos und offen für alle Interessierten. Die Konsumation erfolgt auf eigene Rechnung. Es wird von Alzheimer Luzern organisiert und von der Dienststelle Gesundheit und Sport Luzern und der Gesundheitsförderung Schweiz finanziell unterstützt. Im kommenden Jahr findet das Café TrotzDem an folgenden Daten statt: 13. Januar, 10. Februar, 10. März, 14. April, 12. Mai, 9. Juni, 8. September, 13. Oktober, 10. November, 1. Dezember 2022. Weitere Infos: www.alz.ch/lu
22. Dezember 2021 – monika.fischer@luzern60plus.ch