Monica Kissling, bekannt auch unter dem Namen Madame Etoile: «Die Astrologie ist keine exakte Naturwissenschaft, was aber nicht heisst, dass sie nicht funktioniert.» Bild: Olivia Sass

«Was konkret geschieht, hängt von der Entscheidung jedes einzelnen ab»

Die Zürcher Astrologin Monica Kissling (65) berät seit 37 Jahren Privatpersonen und Unternehmen, hält Referate, bietet Seminare an und schreibt für Medien. Seit 2019 ist sie Präsidentin des Schweizer Astrologenbundes SAB. (Teil 2 zum Thema «Astrologie und Horoskope»)

Interview Eva Holz

Frau Kissling, mit 20 liessen Sie Ihr Geburtshoroskop erstellen und waren verblüfft von der Treffsicherheit. War das der Moment, da Sie sich der Astrologie verschrieben haben?
Monica Kissling: Tatsächlich hat es mich gepackt, als ein Kursleiter aus den Horoskopen sehr komplexe und zutreffende Aussagen machen konnte. Ich wollte dann wissen, wie das funktioniert und habe mich zunächst hobbymässig mit Astrologie befasst. Bald darauf habe ich eine mehrjährige Ausbildung in Angriff genommen und mich schliesslich im Alter von 28 Jahren als astrologische Beraterin selbstständig gemacht.

War es schwierig, sich als hauptberufliche Astrologin einen Platz zu schaffen?
Ja, das brauchte Zeit, Vertrauen und Durchhaltevermögen. Astrologin ist ja kein anerkannter Beruf und war zu dieser Zeit weitgehend inexistent. Weil ich anfangs nur wenig Klienten hatte, begann ich, für die Medien zu arbeiten. Diese Tätigkeit hat sich dann sehr intensiv entwickelt. Mit meinen Beiträgen für Radio, TV und Printmedien konnte ich meinen Bekanntheitsgrad steigern. Für Ratsuchende ist es auch wichtig, sich ein Bild zu machen von einer Astrologin, um zu spüren, ob die «Chemie» stimmt, ob sie ihr vertrauen können.  

Der Astrologie wird vorgeworfen, eine Pseudowissenschaft zu sein. Oder man sagt, Horoskope seien beliebig. Wie gehen Sie mit solcher Kritik um?
Die Astrologie ist natürlich keine exakte Naturwissenschaft, was aber nicht heisst, dass sie nicht funktioniert. Sie ist die älteste Wissenschaft überhaupt und wurde früher von Gelehrten, Ärzten und Astronomen ausgeübt. Ich würde die Astrologie als Erfahrungswissenschaft bezeichnen. Sie lässt sich überprüfen, aber man muss sich die Mühe nehmen, sich ins Thema zu vertiefen. Es gibt Evidenz für Ereignisse zurück bis ins Jahr 0. Das zeigt sich, wenn man geschichtliche Ereignisse anhand der Zyklen erforscht. Wir reden hier natürlich nicht von Zeitungshoroskopen, die beliebig formuliert sind.

Es gibt also seriöse und oberflächliche Astrologie respektive Horoskope? Wo genau liegt der Unterschied?
Die meisten Menschen kennen die Astrologie aus den Zeitungshoroskopen. Diese Aussagen sind allgemein gehalten, weil das genaue Horoskop ja nicht zur Verfügung steht, sondern nur das Sternzeichen bekannt ist. Das ist etwa so, wie wenn man über die Nationalität eines Menschen spricht. Wenn ich Sie als Schweizerin beschreibe, ist das noch keine differenzierte Aussage über Sie als Persönlichkeit.

Was antworten Sie jemandem, bei dem oder der die Sterndeutung nicht zugetroffen hat?
Das ist nicht vorgekommen. Ich mache ja keine konkreten Ereignisprognosen. Das ist weder möglich mit Astrologie noch im Kodex des Schweizer Astrologenbundes vorgesehen. In einer Beratung kann man die Qualität der Zeit aufzeigen und Tipps geben, wie sich jemand auf die Erfordernisse der Zeit einstellen kann. Was dann konkret geschieht, hängt von der Entscheidung jedes einzelnen ab. Diese liegt in deren persönlichen Freiheit und Verantwortung.

Hatten Sie auch schon Gespräche mit Astronomen, die den Himmel ja physikalisch untersuchen?
Ja, natürlich. Ich habe an verschiedenen Podien teilgenommen, unter anderem an der ETH Zürich im Rahmen von Science City mit Prof. Harry Nussbaumer, an einem Anlass mit Prof. Dr. Willy Benz im Wallis und TV-Beiträgen mit Urs Scheifele, dem Leiter des Mobilen Planetariums Zürich. Ganz früher in einem SRF-«Club» mit Bruno Stanek.

Hat man Sie dort als Astrologin ernst genommen?
Teilweise ja, teilweise nein. Die Diskussion ist davon abhängig, ob sich ein Astronom mit der Astrologie auseinandergesetzt hat. Urs Scheifele zum Beispiel beschreibt sehr gut, wie sich Astrologie und die Astronomie im Lauf der Zeit voneinander entfernt haben und heute zwei völlig unterschiedliche Wissensgebiete sind. Das heisst eben auch, dass ein Experte auf dem einen Gebiet nicht automatisch ein Experte auf dem anderen Gebiet ist.

Der Schweizer Astrologenbund verzeichnete 2021 so viele Neumitglieder wie noch nie – knapp 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Wie erklären Sie sich diesen Aufschwung?
Einerseits ist die Astrologie selber stark im Trend. Dies hat vor allem mit den sozialen Medien zu tun, wo eine neue Generation von jungen Astrologinnen und Astrologen kurzweilige und unterhaltende Beiträge publiziert. Zum anderen haben wir im Schweizer Astrologenbund zahlreiche attraktive Neuerungen lanciert und erreichen mit unserem erweiterten Online-Veranstaltungsprogramm ein viel grösseres Publikum.

Weitere Infos: www.madameetoile.ch, www.astrologenbund.ch

Teil 1: Astrologie – ein reizvoller Zauber

Teil 3: Die Sicht des Astrophysikers auf die Astrologie

26. Dezember 2022 – eva.holz@luzern60plus.ch

Dieses Interview ist auch im Magazin «active & live» erschienen.