Kolumnist und Regisseur Buschi Luginbühl. Bild: Joseph Schmidiger
Zur Fasnacht gehört das Theater
Von Buschi Luginbühl
Und bereits ist sie wieder Geschichte, die fünfte Jahreszeit. Viele werden ihr nachtrauern und nicht wenige sich bereits auf die nächste freuen. Ich muss gestehen: Ich war dieses Jahr nur einmal unterwegs. Vielleicht weil ich mir als «Zivilist» ein bisschen blöd vorkam, aber vor allem, weil es fast kein Durchkommen gab und ich die Geduld verlor.
Ja, es hat sich viel verändert seit der Zeit, als ich an einem Mittwoch loszog und erst am anderen wieder nach Hause kam. Da gab es noch keinen «Rüüdigen Samschtig». Um die Zeit bis zum Güdismontag zu überbrücken, fuhr man nach Solothurn oder Ascona. Und es gab noch nicht so viele Guuggenmusigen.
Wissen wohl die unzähligen Musikerinnen und Musiker, dass diese keine Luzerner Erfindung sind, sondern ausgerechnet von Basel importiert wurden? 1947 oder 1948 war es, als der Grafiker Sepp Ebinger die Idee nach Luzern brachte. Er lebte und arbeitete damals in Basel. Die zwei Jahreszahlen deshalb, weil man sich lange nicht einig war, wann denn nun das erste Mal war. Toni Hofmann, der Chronist der Musik, schreibt dazu: «1947 geboren – 1948 läufig – 1949 gegründet.» Bald schon folgten weitere. Die «Chatzenmusig» von Max Baumann, dann Pöldi Häfligers «Bohèmemusig» und die «Grümpelmusig» von Hugo Bachmann. Alles Künstler, deren Markenzeichen die Grinden waren. Das Aussehen blieb geheim. Erst am Schmutzigen Donnerstag wurden sie im alten Bahnhofbuffet vorgeführt und beurteilt.
Tempi passati.
Heute steht bald an jeder Ecke eine Tribüne für «Konzerte», und es häufen
sich immer mehr Wagen, die den Platz versperren. Und damit komme ich zum eigentlichen Grund für das Thema dieser Kolumne: Das Theater als Teil der Fasnacht. Dieses Jahr fehlte «Domus», eine der wichtigsten Theatergruppen. Sie haben sich nach fünfzig Jahren zurückgezogen. Sicher gab es dafür verschiedene Gründe, aber die Aussage eines Mitglieds liess mich dann doch aufhorchen: «Für nomadisierende Theatergruppen, wie wir eine sind, ist es immer schwerer geworden, Plätze zu finden.»
Auch dieses Jahr scheint es wieder Kontroversen gegeben zu haben. Es wäre schade, wenn dieses Element verschwinden würde, ist es doch der eigentliche Kern der Fasnacht und geht bis in früheste Zeiten zurück. Im 15. Jahrhundert waren es vor allem die «Literarischen Fasnachtsspiele», deren Texte teilweise noch vorhanden sind.
Ich möchte mich auf zwei Ereignisse beschränken. Da wäre mal der «Affenwagen». Die «Gesellschaft zum Affenwagen» wurde schon im Jahre 1385 erwähnt. Affen sind diejenigen, die ihre Mitmenschen in fasnächtlichem Spott «nachäffen». Der «Affenwagen» war also ursprünglich eine eigentliche Fastnachtsspielgesellschaft. Die jungen Mitglieder mussten alljährlich an der Fasnacht in der Zunftstube oder auf einem der öffentlichen Plätze ein Fasnachtsspiel aufführen.
Die Luzerner Spielleute nahmen die Idee wieder auf. Unter dem alten Namen «Affenwagen» verschrieben sie sich ebenfalls der fasnächtlichen Satire. Sie waren von 1935 bis 1939 unterwegs, dann war kriegsbedingt Pause. 1945 wurden dann die Spieler für ein anderes Projekt gebraucht. Der damalige Zunftmeister Joseph A. Vallaster beschloss, die lange Tradition der Fasnachtsspiele wieder zum Leben zu erwecken. Er beauftragte Oskar Eberle, ein Fritschispiel zu schreiben und zu inszenieren. Dieses ging am Schmutzigen Donnerstag auf dem Kapellplatz über die Bühne – und das bei Fliegeralarm. Dies blieb ein einmaliges Ereignis. Louis Näf und Heinz Stalder nahmen im Frühling 2002 die Idee nochmals auf.
Und die Quintessenz meiner Ausführungen?
Ich lege den Fasnachtsgewaltigen nahe, einen der Plätze in Luzern, zum Beispiel den Süesswinkel, zum Theaterspielplatz zu ernennen. Damit diese lange Tradition erhalten und neu belebt wird, statt dass sie gezwungermassen früher oder später untergeht.
29. Februar 2024 – buschi.luginbuehl@luzern60plus.ch
Zur Person
Buschi Luginbühl, Jahrgang 1942, ist in Kriens geboren und aufgewachsen. Nach der Weiterbildung als Architekt tätig. 1978 beruflicher Neubeginn. Zweijährige Stage bei Schweizer Radio DRS, dann freischaffender Regisseur für Hörspiel und Satire. Schauspielausbildung, Engagements im In- und Ausland. 30 Jahre zusammen mit Franziska Kohlund Leiter der freien Theatertruppe «Il Soggetto» (unter anderen mit Margrit Winter, Erwin Kohlund und Peter Brogle). Arbeitet bis heute als Regisseur und Bühnenbildner im In- und Ausland. Diverse Publikationen zum Thema Theater. Er lebt in Luzern.