Gutscheine helfen, den Heimeintritt zu vertagen

Von Beat Bühlmann
Mit dem Pilotprojekt „Gutschein" kann die Stadt Luzern unbürokratisch das selbstbestimmte Wohnen zu Hause unterstützen. Bis Ende 2019 wurden 48 Personen mit Beiträgen  zwischen 50 und 4700 Franken unterstützt. Davon profitierte zum Beispiel die sehbehinderte Rentnerin Ida Keller.

Das städtische Pilotprojekt „Gutscheine für selbstbestimmtes Wohnen" ist auf vier Jahre angelegt. Seit dem Herbst 2018 wurden in 48 Fällen Kostengutsprachen für insgesamt 43 000 Franken gesprochen. Die Beiträge bewegten sich zwischen 50 Franken und 4700 Franken. Davon profitierten 33 Frauen und 15 Männer im Alter zwischen 60 und 98 Jahren (im Durchschnitt 80 Jahre). Die Mehrheit der Bezügerinnen und Bezüger leben in bescheidenen finanziellen Verhältnissen, mehr als die Hälfte von ihnen hat aber keinen Anspruch auf eine Ergänzungsleistung.

Keine grossen Sprünge
„Grosse Sprünge liegen auch mit den Gutscheinen nicht drin", erklärte Stadtrat Martin Merki an einer Medienorientierung zu diesem schweizweit erstmaligen Projekt. Aber die Kostengutsprachen könnten im Einzelfall eine grosse Wirkung entfalten. „Denn wir können individuell, unbürokratisch und gezielt Hilfe anbieten." Die Gutscheine sollen dazu beitragen, dass die älteren Personen selbstbestimmt in der eigenen Wohnung und der vertrauten Umgebung bleiben können. „Wir wollen unerwünschte Heimeintritte verhindern oder zumindest verzögern", so Sozialdirektor Merki. In der Stadt Luzern leben rund 60 Prozent der 90- bis 94-Jährigen zu Hause.

Für was werden die Gutscheine verwendet? Die Stadt übernimmt zum Beispiel die Kosten für die Haus- oder Putzhilfe, den Treuhanddienst oder für ein Notrufsystem. Aber auch Taxifahrten oder Freizeitaktivitäten werden bei Bedarf mit Kostengutsprachen abgedeckt, um die soziale Integration zu stärken. So erhält die stark sehbehinderte Rentnerin Ida Keller* ein- bis zweimal pro Monat einen Coupon von 35 Franken, um auswärts essen zu können. „Ich kann hie und da im Restaurant essen, damit mir die Decke nicht auf den Kopf fällt", lobt sie das Projekt. Die Bezügerinnen und Bezüger sind aufgrund einer Erkrankung bei der Mobilität eingeschränkt, mit administrativen Tätigkeiten im Haushalt überfordert oder von Demenzkrankheiten betroffen. Deshalb werden auch pflegende Angehörige unterstützt. Wie eine erste Evaluation von Interface Politikstudien Luzern ergab, können die Gutscheine einen Beitrag zum selbstbestimmten Wohnen leisten. „Die unbürokratische und direkte Vergabe von Gutscheinen durch die Anlaufstelle Alter ist effizient und wirksam", erklärte Oliver Bieri von Interface. Einsatz und Wirkung der Kostengutsprache sollen aber weiter beobachtet und systematisch analysiert werden. Das Pilotprojekt läuft bis Dezember 2022.

Anlaufstelle Alter berät 326 Personen
Die Anlaufstelle Alter, im Januar 2018 gestartet, versteht sich als niederschwellige Beratungs- und Triagestelle für ältere Menschen. Im Zentrum des Angebots stehen Fragestellungen zur Gesundheit, Wohlbefinden, Wohnen und Finanzen. Aufgrund von 5000 versandten Fragebogen kam es bis Ende 2019 bei der Anlaufstelle zu 600 Kontakten, die zu 326 Beratungen führten; davon erfolgten 244 bei Hausbesuchen und 82 bei der Beratungsstelle. Im nächsten Herbst wird die Anlaufstelle Alter in die ehemaligen Räume von „Kudi Müller Sport" an der Winkelriedstrasse 14 (neben dem Stadthaus) umziehen und so die Zugänglichkeit dank der attraktiven Passantenlage verbessern. - *Name geändert. 16.1.2020
beat.buehlmann@luzern60plus.ch

Kontakt: Stadt Luzern, Anlaufstelle Alter, Obergrundstrasse 1, 6002 Luzern
Telefon 041 208 77 77 / E-Mail anlaufstelle.alter@stadtluzern.ch