Diego Yanez, Journalist und ehemals Direktor der Schweizer Journalistenschule in Luzern.
In Pension mit Passion und Neugier
Diego Yanez ist das, was man einen Vollblutjournalisten nennen kann. 40 Jahre lang war er «im Geschäft», zuerst in Luzern beim «Vaterland» und dem «Neuen Sonntagsblatt», dann in Führungspositionen beim Fernsehen SRF Zürich und zuletzt als Direktor des «MAZ – Die Schweizer Journalistenschule» in Luzern. Seit gut einem Jahr ist er pensioniert. Seine journalistische Neugier und den Drang, die Welt zu sehen und das Geschehen auf dieser Welt zu verstehen, hat er nicht verloren.
Von Hanns Fuchs (Text) und Joseph Schmidiger (Bild)
Diego Yanez, 1958 im spanischen Alzira geboren, 1961 in die Schweiz gekommen und 1999 in Ufhusen LU eingebürgert, erzählt gern eine Anekdote aus seiner journalistischen Frühestzeit. Als Jugendlicher habe er mit Kollegen eine «Zeitung» gemacht. Da habe er die Idee gehabt, ein Interview mit Fidel Castro, dem Revolutionär und Staatschef von Kuba, zu führen. Die offizielle Anfrage in Havanna blieb unbeantwortet – «bis nach ungefähr einem halben Jahr die Antwort kam, Castro habe keine Zeit für das Anliegen», wie sich Yanez lachend erinnert. Natürlich liess sich der junge Diego vom misslungenen Griff nach den journalistischen Sternen nicht entmutigen. Journalist, das wusste er, wollte er werden.
Nach Primar- und Bezirksschule in Dornach/SO und der Handelsmittelschule am Kollegi Schwyz absolvierte er eine Banklehre bei der damaligen SBG (Bankgesellschaft), um anschliessend Betriebsökonomie an der HWV in Luzern zu studieren. Damit war das Fundament für die journalistische Karriere gelegt. Den Einstieg schaffte Yanez als freier Mitarbeiter für lokale und regionale Wirtschaftsthemen beim «Vaterland» und mit einer Stage bei der damaligen wirtschaftsnahen Agentur «Schweizerische Politische Korrespondenz SPK». Als sich der Maihof-Verlag am Multi-Zeitungsprojekt «Neues Sonntagsblatt» unter Chefredaktor Karl Lüönd beteiligte, übertrug man Yanez die Leitung der Luzerner Redaktion des gesamtschweizerischen Projekts; im heftigen Konkurrenzkampf um den Sonntagsmarkt der Printmedien ging das Blatt allerdings schon nach einem knappen Jahr unter. Damit begann die TV-Karriere des Diego Yanez.
Vom Reporter zum Chefredaktor
Seine Fernseh-Sporen verdiente sich Yanez bei den Wirtschaftssendungen «Kassensturz» und «Netto» ab. Journalistisches Temperament und journalistische Neugier führten den Luzerner fast logisch in Reporter-Jobs im Ausland und schliesslich zum Korrespondentenposten in Israel. Von dort aus deckte er den Nahen Osten ab – zu einer Zeit, als der nahöstliche Friedensprozess in Gang kam. Eine bleibende Erinnerung an diese weltpolitisch bewegte Zeit ist für Diego Yanez die Bekanntschaft mit dem ARD-Nahostexperten Ulrich Tilgner. Als nach vier Jahren seine Korrespondenten-Zeit zu Ende ging, wechselte Yanez in die Bundeshaus-Redaktion des Fernsehens, und die Karriere ging steil bergauf: stellvertretender Leiter, dann Chef der Nachrichtenredaktion und schliesslich ab 2011 Chefredaktor des DRS-(heute SRF-)Fernsehens und Geschäftsleitungsmitglied von Schweizer Radio und Fernsehen. Zum beruflichen Finale kehrte der Luzerner, der auch während der 20 Zürcher Jahre mit der Familie in Hochdorf wohnen blieb, in die alte Heimat zurück: Im März 2014 wurde er Direktor des «MAZ – Die Schweizer Journalistenschule» in Luzern.
«Engagieren für Sachen, die mir wichtig sind»
Mit 62 liess sich Diego Yanez pensionieren - «ich freue mich auf die leere Agenda», sagte er in einem Abschiedsgespräch mit dem Radio-Kollegen vom Regionaljournal Zentralschweiz. Inzwischen hat sich die Agenda wieder gefüllt. Nun stehen dort aber nicht mehr Redaktions-, Planungs- und GL-Pflichttermine. Der frisch Pensionierte kann nun die Termine nach dem eigenen Gusto wählen – und das hört sich mindestens so spannend an, wie die Terminliste eines Aktiv-Journalisten. Denn Yanez Leidenschaft fürs Reisen und seine Neugier auf die Welt und was sich in und auf ihr ereignet, sind nicht in Pension gegangen. Aber einen grossen Unterschied zu früher gibt es: «Ich will das machen, was mich interessiert, ich will mich engagieren für Sachen, die mir wichtig sind», sagt Yanez. Er sucht im Internet die Möglichkeiten für Freiwilligen-Engagements, und da kommt einiges zusammen: Diego Yanez war schon im Einsatz beim Bergwaldprojekt (eine Herausforderung für einen Medienmenschen: «Das war körperlich sehr anstrengend, da weiss man am Abend, was man am Tag gemacht hat») oder als Nachtwache im Paraplegikerzentrum Nottwil. «Ich lerne neue Welten kennen, das interessiert mich», sagt er. Auf der Liste möglicher neuer Entdeckungen sind für Yanez Einsätze für die «Peace Brigade International pbi». Die Organisation setzt sich weltweit ein für Menschenrechte und Flüchtlinge. Aktuell im Blick hat der Luzerner einen Einsatz im Begleitschutz für Flüchtlinge in Mexiko oder auf einem Spitalschiff im Mittelmeer. Mit 63 fühlt sich Diego Yanez noch fit genug auch für harte Freiwilligen-Jobs. Allerdings, die Erfahrung, dass das Alter auch im «Freiwilligen-Business» eine Rolle spielen kann, musste er auch schon machen. Er bewarb sich für einen Einsatz in der Dokumentationsstelle des Konzentrationslagers Mauthausen bei Linz, aber: «Da kam eine Absage, ich sei zu alt, sie seien ein junges Team in diesem Projekt», erzählt er, «schade, die Arbeit hätte mich sehr interessiert».
Faszination Pilgern
Dass sich Diego Yanez nach einem Berufsleben, dass reich an spannenden, herausfordernden Arbeiten und Einsätzen war, in Freiwilligenprojekten engagiert, hat für ihn einen logischen Grund: «Mir geht es gut, ich bin privilegiert – und ich möchte etwas Sinnvolles tun, etwas zurückgeben.»
Ein grosses Projekt, das nichts mit Freiwilligenarbeit zu tun hat, steht in Grossbuchstaben in Yanez Agenda: Pilgern in Japan. Aufs Pilgern ist er mit dem Jakobsweg gekommen, den er schon gegangen ist. In Japan, hat er gehört, gibt es einen «ultimativen Pilgerweg», eine um die 1000 Kilometer lange Route um die Insel Shikoku. Am Weg soll es 88 buddhistische Tempel geben – Diego Yanez kommt ins Schwärmen, wenn er vom Pilgern und von Shikoku erzählt. Da ist eine weitere Dimension, die es zu erkunden gilt...
8. Juli 2021 – hanns.fuchs@luzern60plus.ch