Stefan Häseli. Bild: zvg
«Suchen Sie etwas, wo Sie sich einig sind»
Der Ostschweizer Kommunikationsprofi Stefan Häseli weiss, wie man wieder miteinander ins Gespräch kommt. Im folgenden Interview gibt der Coach Anregungen.
Von Eva Holz
Entstehen Beziehungsprobleme tatsächlich wegen mangelnder oder falscher Kommunikation?
Stefan Häseli: Selbstverständlich gibt es immer auch andere Ursachen, aber ein grosser Teil davon fällt tatsächlich auf das Thema Kommunikation zurück. Das heisst zu wenig oft, zu wenig wertschätzend, zu wenig aufmerksam und schlechtes Timing. Das gilt nicht nur in privaten Beziehungssituationen. Selbst im täglichen Geschäftsleben finden «Beziehungen» auf unterschiedlichsten Ebenen statt. Das sind Chefin-Mitarbeiter-Beziehung, Mitarbeiterin-Kunden-Beziehungen, Kollegen-im-Team-Beziehungen, längere Kundenbeziehungen, kürzeste Kundinnen-Beziehungen, vielleicht an einem Schalter. Das ganze Leben ist von Beziehungen gestaltet und über den Erfolg oder Misserfolg derer entscheidet sich bis zu Dreiviertel über die Kommunikation. Ja selbst Flugunfälle oder Beinah-Unfälle haben grösstenteils mit Beziehungsproblemen zu tun. Privat sind es tägliche wie auch langfristige Dinge, über die man nicht mehr redet. Zum Beispiel: Wann haben Sie mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin das letzte Mal über Wunschträume gesprochen?
Welches sind die ersten wichtigen Schritte für Paare, die sich an den Tisch setzen, zuhören und reden wollen? Gibt es da einen empfehlenswerten Plan?
Der erste Schritt bei einem Annäherungs- oder Konfliktlösungsprozess ist die Einigkeit. Suchen Sie etwas aus, worüber Sie sich einig sind. Das ist in den allermeisten Fällen die Tatsache, dass man überhaupt über das eigene Problem reden will und gemeinsam eine Lösung finden möchte. Das ist dann schon einmal etwas. Wenn dann für den Prozess noch Spielregeln aufgestellt werden, hinter denen beide stehen können, ist alles gut aufgegleist. Im weiteren Verlauf des Prozesses gehört viel Reflektieren dazu. Die Reflexion über den Annäherungsprozess aber auch über das eigene Kommunikationsverhalten.
Verbreitet ist die Behauptung, Männer würden eher zum Schweigen neigen, während die Frauen ihr Gegenüber gerne mit Redeschwallen eindeckten. Stimmt das und wenn ja, wie bringt man da Balance hinein?
Der wissenschaftliche Beweis, dass Frauen mehr als Männer reden, ist noch ausstehend. Zum Teil ist diese Aussage wohl auch Mythos. Allerdings ist es schon oft so, dass Männer eher Mühe haben, über Emotionen zu reden. Und da es bei Beziehungsproblemen oft um Emotionen geht, schweigt der Mann dann lieber, weil er entweder unsicher ist, was er sagen soll oder er schlichtweg den Zugang zu den richtigen Worten nicht hat. Könnte er über das letzte Fussballspiel reden, käme niemand auf die Idee, dass Männer zu oft schweigen. Ein Redeschwall kann durchaus eine «Waffe» der Frau sein, weil sie sich vielleicht körperlich oder sonst wie unterlegen fühlt. Die Balance wäre zu finden, indem man sich auf Spielregeln in Diskussionen einigt. Zum Beispiel: nicht ins Wort fallen, zuhören, akzeptieren, was das Gegenüber sagt und nicht direkt in den Widerspruch gehen. Saubere Ich-Botschaften und ein ungefährer Redezeitausgleich können da ebenfalls gute Stützen sein.
Können Sie drei No-Gos in der Kommunikation nennen?
1. Du- und Allgemein-Angriffe, wie «du denkst ja so oder so nur an dich». Das schafft entweder Konflikte oder heizt einen bestehenden an. Ein Angriff löst praktisch immer einen Gegenangriff oder Rückzug wie Schweigen oder Weglaufen aus.
2. Zynismus, wie «das hast du ja wieder einmal super hingekriegt». Man hört es heraus, wenn Stimme und Inhalt nicht übereinstimmen. Fies denken macht die Stimme fies und wenn das Wort dann ein ausgesprochenes Lob ist, spürt man diesen Widerspruch in Form von gefühltem Zynismus. Das macht es dem Gegenüber nicht einfach, darauf zu regieren. Man wirkt unberechenbar, gerade in Konfliktsituationen.
3. Ignorieren. Watzlawick sagte einst: «Man kann nicht nicht-kommunizieren.» Das stimmt auf jeden Fall. Ich kann nicht reden, kommuniziere aber trotzdem. Sobald ich Aussagen des Gegenübers ignoriere, habe ich zwar nicht gesprochen, aber gezeigt, dass es mich weder interessiert noch wert ist, darauf zu reagieren. Das ist durchaus eine sehr konfliktträchtige Kommunikationsform.
Welche besonders schönen Erfahrungen haben Sie als Experte in Sachen Paar-Kommunikation gemacht?
Ob privat oder im Geschäftsleben: Wenn es durch ein Anschieben von aussen schlussendlich die Beteiligten selber schaffen, die Kurve zu kriegen und Monate später zurückmelden, dass sie kommunikativ wieder gemeinsam unterwegs sind.
6. Februar 2020 – eva.holz@luzern60plus.ch
(Dieser Text erschien auch im Magazin «active&live»)