Alles aus Armin Furrers eigener Hand: Wanderbekleidung, Trekking-Stock und Gemälde im Hintergrund.

Optimale Belüftung von Kopf bis Fuss

Wenn Armin Furrer in die Weite wandert, trägt er nur Selbstoptimiertes auf sich. Die Devise des unermüdlichen Erfinders heisst: nicht schwitzen, kein unnötiges Gewicht und ein perfekter Stock.

Von Eva Holz (Text und Bild)

Armin Furrer empfängt die Reporterin in Vollmontur des Weitwanderers. Freilich umhüllt den Erfinder von oben bis unten ausgeklügeltes Material. Sogleich legt er Schicht um Schicht frei und erklärt, wie er Handelsübliches umgearbeitet oder Eigenes erschaffen hat.

Das Hauptproblem heisst Hitzestau. «Klassische Outdoor-Bekleidungen funktionieren nur bedingt. Feuchtigkeit kann bei wärmeren Temperaturen trotz Gore-Tex nicht verdampfen» erkläret der bald 70-Jährige. Mit Nähmaschine, Funktionsstoffen, Elastiks, Häkchen, Schnallen und sonstigen Utensilien macht er sich – einem Chirurgen gleich – jeweils ans Werk. Das Ziel: optimale Belüftung von Kopf bis Fuss.

Nach seiner Ausbildung in der Grafikabteilung der Kunstgewerbeschule Luzern vor 45 Jahren begann er mit Studienkollege Jürg Schaffhuser in die Weite zu wandern, tage- und wochenlang. Damit einher wuchs der Drang, die Ausrüstung komfortabler zu gestalten. Seither ist der – heute pensionierte – Grafiker auch unermüdlicher Erfinder.

Gamaschen aus alten Damenstrümpfen
Die Begeisterung steht Armin Furrer ins Gesicht geschrieben. Gebannt lauscht man seinen Ausführungen, die allesamt einen Sinn ergeben. Beispiel: An den Seiten des Regenponchos hat er ein Stück herausgeschnitten und neue Verbindungen geschaffen, sodass unter dem Arm Luft eindringen kann. «Das Vorderteil kann ich nach innen aufstülpen, denn der Poncho braucht nicht weiter als bis über die Hüfte zu reichen». Im Brustbereich nähte er einen längeren Reissverschluss ein, um die Belüftung zu variieren. Augenfällig ist die raffiniert umgearbeitete Kapuze: Beim Kopfdrehen dreht sie mit, ein Plastikvordach dient als Regenschutz und Schneebrille.

Auch maximale Leichtigkeit ist gefragt. Aus Zeltstoff schuf der Tüftler eine Art Hosenrock mit offenem Bund, der nicht nur komfortabler sei, sondern auch dreimal weniger wiegt als eine übliche Wanderhose. Bei Kälte trägt er darunter eine selbst entwickelte, 20 Gramm leichte Nylonstrumpfhose.

Klar, dass der passionierte Weitwanderer auch alles andere optimierte: Beim Rucksack gibt es zusätzliche Riemen, damit der Sack an der Hüfte keine Reibungen erzeugt, aus kaputten Strümpfen der Lebensgefährtin hat er Gamaschen kreiert, im Winter benützt er «Iseli» aus Winkeleisen und Schrauben. Zur Entlastung des Rückens dient eine Bauchtasche, in der nebst Wasserflaschen, Sandwich und Handy sein ultraleichtes Zelt Platz findet. Socken trägt er nicht. «Sonst würde ich schwitzen.» Dafür wäscht er auf langen Touren jeden Abend die Schuhinnensohle aus.

Sein Zauberstock fand kein Gehör
Höhepunkt seiner Erfindungen ist zweifellos ein über Jahre entwickelter Trekking-Stock. Nicht nur die Form des Griffs hat Armin Furrer neuartig, nämlich horizontal, gestaltet, sondern auch die dazugehörige Gehtechnik. «So wie die Beine beim Gehen während der Belastung ausgestreckt sind, wird auch bei der neuen Stocktechnik die Druckbelastung mit ausgestrecktem Arm aufgefangen.» Der im Vergleich zu herkömmlichen Trekking-Stöcken markant gesteigerte gelenkschonende Effekt wurde ihm von der eidgenössischen Materialprüfungsanstalt EMPA bestätigt. Keine Resonanz fand er jedoch bei den Stockproduzenten, was den Erfinder doch ziemlich erstaunt. «Man gab mir zu verstehen, dass die Optik meines Stocks zu wenig ‹sportlich’ wirke.»

Doch Armin Furrer ist es gewohnt, Absagen wegzustecken. «Ich gräme mich nicht.» Dann ein Lächeln im Gesicht: «Immerhin gibt es einen, der den Trekking-Stock bei jeder Gelegenheit nutzt – ich selber.»

Eigenen Webshop lanciert
Fernab vom Weitwandern entwickelte der gebürtige Urner, der seit vielen Jahren in Luzern lebt, zahlreiche Dinge für den Haushalt. So schuf er stupende Unikate, etwa ein multifunktionales Teefiltersystem und eine Fliegenklatsche, bei der die Tierchen gefangen statt zerquetscht werden. Oder die SixMat, eine zweilagige, gerippte Gummimatte, mit der man leicht Deckel öffnen, heisse Gegenstände fassen und Flaschen kühlhalten kann.

Betty Bossi hätte dieses Produkt ins Angebot genommen, aber dem Erfinder pro Stück nicht mehr als 6 Rappen bezahlt – notabene bei einem Verkaufspreis von rund 15 Franken. «Da entschied ich mich, den Verkauf per Webshop selber zu machen.» Nach einem Beitrag in der deutschen TV-Sendung «Einfach genial» klingelten die Bestellungseingänge im Sekundentakt. Kurz darauf waren 800 Stück verkauft, dann herrschte wegen eines technischen Defekts plötzlich Funkstille. «Mein Webmaster konnte den Schaden am anderen Tag zwar beheben, aber gemachte Bestellungen waren nicht registriert worden und das Momentum war damit vorbei.»

Weiterwandern und weiteroptimieren
Über all die Kosten, die seine Erfindungen verursachten, will er sich nicht den Kopf zerbrechen. «Mein Interesse, mangelhafte Dinge zu optimieren und die Freude darüber, es am Ende fast immer geschafft zu haben, waren die Mühe wert.» Enthusiastisch wird also nah und fern weitergewandert und daheim am bescheidenen Arbeitstisch weiteroptimiert.

Auch als Künstler versuchte sich Armin Furrer übrigens mit Hingabe. Verschiedene Gemälde hängen in der Eigentumswohnung im Tribschenquartier, wo er mit seiner Partnerin lebt und über die er schmunzelnd sagt: «Sie braucht schon etwas Verständnis für einen solchen Mann.»

30. Januar 2025 – eva.holz@luzern60plus.ch