Lupenfunktion ist oft versteckt
Im Rahmen des Projekts "Altersgerechtes Quartier" der Stadt Luzern hat eine kleine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Ludwig Meyer das Ticket- und Online-Auskunftssystem für den Bereich öffentlichen Verkehr getestet. Ludwig Meyer ist Wirtschaftsinformatiker, Betriebs-Organisator und Erwachsenenbildner SVEB. Er gehörte der Projektgruppe der Quartierforschung in Littau an.
Die Fragen stellte Beat Bühlmann
Die Ticketautomaten sind - nicht nur für ältere Personen - oft eine tückische Angelegenheit. Sind sie beim Verkehrsverbund Luzern "alterstauglich"?
Ludwig Meyer: Anpassungsbestrebungen in Richtung "Alterstauglichkeit" sind mir bis dato keine bekannt. Die Problematik besteht darin, dass diese von allen Partnern des Verkehrsverbunds getragen werden müssten, inhaltlich und finanziell.
Wo liegen die Schwierigkeiten?
Wie dem Testbericht zu entnehmen ist, bestehen Probleme in der Bedienerführung, bei den Hilfesystemen und den Lesehilfen bei SBB-Automaten.
Wie hilfreich sind die Online-Auskunftsdienste für ältere Personen?
Wer sich mit Browsern und Inhalten zurechtfindet, kann hier relativ schnell zu den relevanten Informationen gelangen.
Kann ich mich damit wirklich schneller orientieren?
Für Anwender mit guten Internetkenntnissen ist dies der Fall, da telefonische Auskünfte wegen der Warteschleifen im Call-Center mehrheitlich frustrierend - oder noch schlimmer - kostenpflichtig sind.
Sind die Angebote schwierig zu handhaben? Und was könnte allenfalls verbessert werden?
Die Softwarearchitektur entspricht nicht mehr dem heutigen Standard, etwa Kartenseiten mit automatischer Übertragung der Bedienerauswahl. Somit wird die Arbeit am Bildschirm unnötig erschwert.
Mit der "OeV-LIVE"-App kann ich Abfahrts- und Anschlusszeiten erfahren. Ist das hilfreich?
Diese App funktioniert als Abfahrtsmonitor. Sie bietet die Möglichkeit, über meinen aktuellen Standort den Einsteigepunkt sowie die dazugehörige Abfahrtszeit und sämtliche Anschlusslinien mit den entsprechenden Abfahrtszeiten automatisch zu bestimmen.
Was ist denn der Unterschied zum QR-Code, der ja stark verbreitet ist?
Beim Scannen des QR-Codes – er ist jeweils bei den Haltestellen am Fahrplanaushang angebracht - wird eine Variante der APP "OeV-Live" gestartet. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass nur die Abfahrtszeit an der entsprechenden Haltestelle sowie jene der Anschlusslinien angezeigt werden. Eine zusätzliche Auswahl des Zielortes ist nicht möglich.
VBL und Tarifverbund haben in diesem Frühjahr das virtuelle App Öv-Ticket eingeführt - funktioniert das in der Praxis?
Ja, sehr gut. Der Nachteil gegenüber einem, wie auch immer gelöstem Ticket besteht darin, dass – da es keine Entwertung gibt – die Fahrt bei Nichtantritt verfällt.
Brauchen das die Senioren und Seniorinnen?
Wer ausschliesslich mit dem OeV unterwegs ist, hat sicherlich ein GA oder ein Abonnement. Für gelegentliche OeV-Benutzer unter den Senioren ist diese Möglichkeit vernachlässigbar.
Wer älter ist, sieht oft nicht mehr so gut. Sind die Schriften, ob beim Automat oder beim App überhaupt zu lesen?
Einzig die VBL-Automaten verfügen über eine sogenannte "Lupenfunktion". Deren Aufruf ist jedoch "versteckt" und dürfte daher den wenigsten Benutzern bekannt sein. Das Angebot beschränkt sich dabei allerdings auf die elementarsten Bezugsfunktionen. Die App betreffend, sind – aufgrund der Bildschirmgrösse der Smartphones - wesentliche ergonomische Einschränkungen in Kauf zu nehmen.
Wie hat der Verkehrsverbund Luzern auf Ihren Test reagiert?
Positiv, da schlussendlich die "Golden Agers" zunehmend eine nicht zu unterschätzende Käuferschicht darstellen.
Der öffentliche Verkehr muss sich auf die steigende Zahl älterer Personen einstellen, wie kürzlich zu lesen war. Was sind die grössten Herausforderungen bezüglich Mobilität im Alter?
Zum einen ist das eine gute Quartiererschliessung, zum anderen sind es die Frequenzen. Wichtig ist wäre auch eine Sitzplatzgarantie, damit ältere Leute im Bus oder im Zug nicht stehen müssen.
Wäre es sinnvoll, die Umsteigezeiten zu verlängern?
In jedem Fall, da heute speziell ausserhalb der Hauptachsen längere Wartezeiten entstehen. Teilweise müssen diese ohne Sitzgelegenheit in Kauf genommen werden, da ein "Busshäuschen" fehlt.
23.8.2015
Testbericht IT-Fahrgastsysteme V1 3.doc