Beginnende Demenz? Die Memory Clinic klärt ab
Von Marietherese Schwegler
Wer kennt es nicht von sich selber: Wie war gleich der Name dieser alten Bekannten? Wie heisst diese geliebte Kletterpflanze schon wieder? Einen Begriff nicht finden, Namen vergessen. Da schiesst einem manchmal der Gedanke durch den Kopf: Anzeichen von Demenz?
Nicht jede Vergesslichkeit weist gleich auf eine Alzheimererkrankung oder eine andere Form von Demenz hin. Wenn sie aber auffällig ist und zudem Schwierigkeiten in der Alltagsbewältigung, wiederholte Sprach- oder Orientierungsstörungen, ungewöhnliche Stimmungsschwankungen oder andere Auffälligkeiten auftreten, ist eine professionelle Abklärung angezeigt. Dafür ist die Memory Clinic Zentralschweiz die kompetente Stelle. Das neue Kompetenzzentrum mit je einem Standort in Sursee und Luzern ist eine Kooperation der Luzerner Psychiatrie und des Zentrums für Neurologie und Neurorehabilitation am Kantonsspital Luzern; Fachpersonen aus der Psychiatrie, Neurologie, Neuropsychologie, Inneren Medizin, Neuroradiologie und Nuklearmedizin wirken mit. Marion Reichert Hutzli, Leitende Ärztin der Memory Clinic, und Prof. Dr. med. Thomas Nyffeler, Chefarzt des Zentrums für Neurologie, haben das neue Kompetenzzentrum an der GV der Alzheimervereinigung Luzern vorgestellt.
Interdisziplinäre Abklärungen
Thomas Nyffeler zeigte am Beispiel einer 59jährigen Patientin, die sich als Buchhalterin in ihren Excel-Zahlentabellen nicht mehr orientieren konnte, den möglichen Ablauf einer Diagnosestellung auf: Nachdem eine Abklärung beim Augenarzt und ein MRI unauffällig waren, wurde die Patientin an den Neurologen überwiesen. Dieser überprüfte seine Hypothese, wonach in jenem Hirnareal, das für die Orientierung zuständig ist, etwas nicht in Ordnung sei, mit einer Abfolge von Tests: Die Patientin war nicht in der Lage, ihr vorgelegte unvollständige Zeichnungen zu deuten, ebenso wenig vermochte sie eine Skizze mit geometrischen Mustern zu kopieren. Mit einem spezifischen bildgebenden Verfahren (PET) wurden die verschiedenen Hirnareale farbig dargestellt, was schliesslich zur Diagnose einer seltenen Form von Demenz führte.
Marion Reichelt Hutzli erklärte, dass am Anfang einer fachlich breiten Demenzabklärung ein ausführliches Anamnesegespräch steht, auch mit Angehörigen der PatientInnen. Dann folgen neurologische, medizinische, psychopathologische und Laboruntersuchungen sowie zerebrale bildgebende Verfahren. An der Diagnosekonferenz werden diese Ergebnisse ausgewertet, was die Grundlage ergibt für eine sorgfältige Vermittlung der Diagnose an PatientInnen und Angehörige. Individuelle Beratung sowie Therapieempfehlungen ergänzen das Angebot der Memory Clinic, und auf Wunsch des Zuweisers, oft der Hausarzt oder die Hausärztin, bietet diese auch weiterführende, koordinierte Behandlungen an.
Anrecht, die Diagnose zu kennen
Warum braucht es eine Demenzabklärung an der Memory Clinic? „Über den Sinn gehen die Meinungen auseinander“, sagt die Ärztin. Sie ist aber überzeugt, dass Erkrankte wie ihre Angehörigen ein Anrecht haben zu wissen, was die Ursache von Problemen sei. Dank einer interdisziplinären Abklärung könnten auch seltene Demenzformen erkannt werden. Und ausserdem könne bei einer behandelbaren Demenz – rund jede zehnte Demenzerkrankung – rechtzeitig eine Therapie eingeleitet werden. Nicht zuletzt sei eine frühzeitige Diagnose sinnvoll, damit erkrankte Menschen und ihre Angehörigen sich auf das Leben mit der Demenz vorbereiten, ihre Zukunft planen und beispielsweise noch eine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht machen können.
Demenzerkrankte brauchen ein Netzwerk
Schliesslich, betont Marion Reichelt Hutzli, sei der Umgang mit Demenzerkrankten eine multiprofessionelle Aufgabe, zu der nicht nur die medizinische Behandlung gehöre, sondern ebenso Hilfe bei sozialen oder rechtlichen Belangen, bei der Alltagsgestaltung und Aktivierung, die Unterstützung von Angehörigen. Entsprechend brauchen PatientInnen und Angehörige ein Netzwerk, dem je nach Art und Fortschritt der Demenzerkrankung die Memory Clinic, weitere ÄrztInnen, Spitex, Dienste von Pro Senectute und Alzheimervereinigung bis zum Pflegeheim angehören. - 25. Mai 2016
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