Ruedi Meier: Ja für gemeinnützige Heime
Die neue Organisationsform für die Heime, die gemeinnützige AG, erlaubt eine schnellere, flexiblere und zu einem Teil grosszügigere Entwicklung. Sie wird nicht durch halbherzige Kompromisse und Konkurrenzkämpfe belastet. Die Pflege für jede und jeden ist breit abgestützt finanziert. Ein grosszügiger GAV stützt die Interessen des Personals. Dies spricht für ein Ja zu gemeinnützigen Heimen.
Die neue Pflegefinanzierung hat ganz starke Verbesserungen gebracht, d.h. ein massiv stärkeres, obligatorisches Engagement der öffentlichen Hände, sprich Bund, Kanton und Gemeinden. Weil die Gemeinden massiv mehr an die Pflegefinanzierung bezahlen und die öffentlichen Finanzen – aus welchen Gründen auch immer... – sehr knapp sind, entstehen jedoch Probleme bei den Investitionen. So auch in der Stadt Luzern. Sie stehen in Konkurrenz zu jenen in Schulhäuser, Sport- und Kulturanlagen usw.
Es droht eine Entwicklungsrückstand
Heute besteht die Gefahr, dass Pflegeheime nicht so ausgebaut werden können, wie es für die Zukunft nötig ist. Und es besteht die gleiche grosse Gefahr, dass neue Formen des Alterswohnens, bspw. heimnahe und bezahlbare Alterswohnungen mit Dienstleistungen nach Bedarf, schon gar nicht angepackt werden. Darum macht es Sinn, neue Wege zu beschreiten.
Heime können nachhaltig finanziert werden
Heime sind spezielle Betriebe, die einem eigenen Finanzierungsmodus folgen. Die Pflegefinanzierung ist geregelt. Der Heimaufenthalt, d.h. Wohnen, Essen, die Sozial- und Betreuungsleistungen werden über die Pensionspauschalen bezahlt. Und diese Pauschalen müssen alle Kosten beinhalten. Wenn Heime gemeinnützig geführt sind - wie die meisten - bleiben mögliche Gewinne in der Institution und werden dort wieder investiert. Und weil die Heime durch die Pensionskosten über regelmässige Einnahmen verfügen, können sie auch selber Geld aufnehmen, um ihre Investitionen zu bezahlen. Sie sind nicht auf die Unterstützung der öffentlichen Hände angewiesen.
Gemeinnützige AG für die Heime
Diese Chancen will die Stadt Luzern nun packen. Ihre Heime sollen in eine gemeinnützige AG überführt werden. Die Aktien bleiben zu 100% bei der Stadt. Aktienverkäufe müssen vors Parlament oder gar vors Volk. Und ausser einem Baurechtszins für den Boden macht die gemeinnützige AG keinerlei Ablieferungen an die Stadt. Damit können die Heime sich selbstständig entwickeln und im Angebot flexibel bleiben. Es entsteht ein Heimangebot, wie es sich die zukünftigen Generationen und alten Menschen vorstellen. Sind Institutionen zu stark eingebunden in die politischen Interessenkämpfe, so führt dies zu Verzögerungen und halbherzigen Kompromisslösungen.
Ein Gesamtarbeitsvertrag GAV für das Personal
Gute Angebote im Alters- und Pflegebereich leben ganz stark vom Personal. Mit einem sehr guten Gesamtarbeitsvertrag GAV werden die Interesse der Mitarbeitenden gut geregelt und geschützt. Das Personal und die Heimlandschaft über die Stadt Luzern hinaus haben ein grosses Interesse an einem GAV in der Langzeitpflege, der wegleitenden Charakter hat.
Leute mit kleinem Einkommen werden unterstützt
Obwohl in der Schweiz die Altersarmut massiv gesenkt werden konnte, gibt es immer noch Frauen und Männer, welche die Heimkosten nicht bezahlen können. Dafür kennt die Stadt Luzern spezielle Zusatzleistungen, die automatisch übernommen werden, wenn die Ergänzungsleistungen EL nicht genügen. Zu diesen Zusatzleistungen müssen wir unbedingt Sorge tragen.
Ruedi Meier, Sozialdirektor der Stadt Luzern bis 2013
Therese Vinatzer: Die Risiken sind zu hoch
Sollte die Bevölkerung am 18. Mai einer Auslagerung unserer Heime zustimmen, befürchte ich kurzfristig keine Verschlechterung. Langfristig geht die Stadt mit der Auslagerung jedoch grosse und unkalkulierbare Risiken ein, welche die Lebensqualität der BewohnerInnen einschneidend verschlechtern können. Diese Risiken einzugehen ist unnötig, da die gewünschten Veränderungen auch innerhalb der Stadtverwaltung möglich sind.
Die Langzeitpflege steht vor grossen Herausforderungen. Durch die demographische Entwicklung, und die prognostizierte Zunahme von demenzkranken Menschen, bei gleichzeitiger Mittelverknappung, wird der finanzielle Druck auf die Institutionen zunehmen. Die Gefahr besteht, dass dann, entgegen heutiger Absichtserklärungen, beim Personal, dem grössten Kostenfaktor, gespart wird. Dies wiederum hat einen direkten Einfluss auf die Qualität der Pflege und somit auf die Lebensqqualität der BewohnerInnen.
Weiter ist zu erwarten, dass sich die heutigen Rahmenbedingungen, wie sie mit der neuen Pflegefinanzierung geschaffen worden sind wieder verändern werden.
Beides, der finanzielle Druck und veränderte Rahmenbedingungen, können zum Verkauf der städtischen Aktien führen. Genau dies hat vor nicht allzu langer Zeit zum Verkauf der Krankenversicherung Xundheit geführt.
Personal
Der ausgehandelte Gesamtarbeitsvertrag ist gut. Darin wurden alte Forderungen der Pflege, wie etwa eine zusätzliche Ferienwoche aufgenommen. Das Problem besteht aber auch hier in der Langfristigkeit: Der Gav ist nur für drei Jahre gesichert. Anschliessend kann er neu ausgehandelt- oder gekündigt werden.
Die Stadt Luzern strebt in Bezug auf qualifiziertes Pflegepersonal einen Stellenschlüssel an, der deutlich unter dem schweizerischen Durchschnitt liegt (s. Shurp-Studie der Uni Basel vom Okt. 2013). Sollte sich zeigen, dass sich dieser Stellenschlüssel nicht bewährt, kann das Parlament heute darauf Einfluss nehmen. Bei einer AG ist dies nicht mehr möglich.
Infrastruktur
Es wird behauptet, dass beim Verbleib der HAS in der Stadtverwaltung nicht genügend Geld für zukünftige Sanierungen zur Verfügung stehe. Dies trifft nicht zu. In der neuen Pflegefinanzierung ist festgehalten, dass mit den Taxen der BewohnerInnen zukünftige Sanierungen abgedeckt werden müssen. Damit verpflichtet sie die Betriebe, zweckgebundene Rückstellungen zu machen. Die Finanzdirektion bestätigt, dass es betreffend Investitionen und der Bildung von zweckgebundenen Rückstellungen dafür, finanzrechtlich keine Rolle spielt ob HAS ausgelagert ist oder bei der Stadt verbleibt.
Angebote
Die Befürworter bemängeln, dass die Umsetzung von neuen Angeboten in der Stadtverwaltung zu lange brauche. Die Entwicklungen im Altersbereich sind jedoch vorhersehbar und benötigen keine so kurzfristigen Entscheidungen, dass die Umgehung des demokratischen Prozesses gerechtfertigt werden kann.
Konkurrenz
Die Angst vor der Konkurrenz von Privaten teile ich nicht. Denn erstens wird die Nachfrage nach Pflegeplätzen in Zukunft weiter zunehmen und zweitens legt der Kanton mit der Pflegeheimplanung die Anzahl Pflegebetten fest und steuert damit das Angebot.
Theres Vinatzer, Pflegeinstruktorin, Grosstadträtin SP, Vorstand Spitex Stadt Luzern