Das Ringen um Qualität im Pflegeheim
Von Hanns Fuchs
Der Tag im Heim beginnt um sieben Uhr morgens. Davon merken die gut 100 Bewohnerinnen und Bewohner im Steinhof Pflegeheim kaum etwas. Denn es gibt keine «Tagwache» im Steinhof. «Individuelles Erwachen, nach den je eigenen Bedürfnissen, das ist ein Teil der Lebensqualität», sagt Paul Otte, Heimleiter im Steinhof Pflegeheim. «Lebensqualität» – das ist für Otte und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das A und O im Heimalltag.
Und doch: Sieben Uhr morgens ist eine zentrale Uhrzeit im Heim. Dann treffen sich die vier «Nachtwachen» – zwei Pflegefachleute und zwei Assistentinnen – mit der eben eingerückten Tagschicht zum Briefing. Das ist ein ganz wichtiger Termin. Jedes Detail aus dem Nachbetrieb wird rapportiert und vom Tagesteam für die Arbeit in den nächsten 14 Stunden festgehalten. Wenn von Nachtwache die Rede ist, könnte der Eindruck entstehen, da werde im Pflegeheim eine ruhige Kugel geschoben. Das Gegenteil ist der Fall. Das Nachtteam besucht jedes Zimmer zweimal pro Nacht. Und wenn bei schwer pflegebedürftigen Bewohnerinnen oder Bewohnern etwas Unvorhergesehenes passiert, geben spezielle Sensoren in den Zimmern Alarm.
Gemeinsamkeit ist Teil der Lebensqualität
Doch jetzt hat der Tag begonnen im Heim. Von sieben bis halb zehn steht auf den vier Abteilungen das Frühstück bereit. Nur in Ausnahmefällen wird das z’Morge im Zimmer eingenommen. Und wieder kommt die Qualität ins Spiel: «Die Gemeinsamkeit, zusammen essen, auch schon beim Frühstück, ist auch ein Stück Lebensqualität – auch für Schwerstpflegebedürftige», ist Paul Otte überzeugt.
Nach dem gemeinsamen Frühstück kann, wer mag, an einem Aktivierungsprogramm teilnehmen. Die Angebote reichen von einfachen Haus- und Büroarbeiten (Rüsten in der Küche, Mailings versandfertig machen) über Bewegungslektionen bis zu Gesang- und Jassgruppen. Aber auch hier gilt: Jeder und jede nach seiner, nach ihrer Fasson. Wer nicht an einem solchen Aktivierungsprogramm teilnehmen möchte, kann sich auch in seine Zeitung vertiefen – oder auch mal einfach nichts machen. Auf dem Programm stehen am Morgen auch Physio, Massage und der wöchentliche Arzttermin.
Ab 11 Uhr 30 wird das Mittagessen serviert, zubereitet in der hauseigenen Küche und nach den individuellen Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner. Auch diese Hauptmahlzeit wird von den meisten auf der Abteilung eingenommen, aber wer selbständig genug ist, kann auch ins (öffentliche) Steinhof-Restaurant gehen. Anschliessend nutzen viele die Möglichkeit zu einer Ruhephase auf dem Zimmer.
Öffentliches Unterhaltungsprogramm
Der Nachmittag gehört wieder individuellen Aktivitäten. Besonders stolz ist man im Steinhof auf ein abwechslungsreiches öffentliches Unterhaltungsprogramm. 35 öffentliche Anlässe werden übers Jahr angeboten. Und auch hier kommt wieder der Qualitätsaspekt ins Spiel: «Wichtig ist die Begegnung, auch wer im Pflegeheim ist, gehört zur Gesellschaft, und das sollen die Bewohnerinnen und Bewohner auch spüren», sagt Paul Otte.
Mit dem Abendessen ab halb sechs neigt sich der Tag im Steinhof zu Ende. Sowenig es am Morgen eine Tagwache gibt, sowenig gibt es abends eine verordnete Nachtruhe. Die einzige Einschränkung: Ab 18 Uhr ist das Restaurant geschlossen, Kaffee- und Getränkeautomaten stehen aber zur Verfügung. Hinter den Kulissen ist um 21 Uhr wieder ein gründliches Briefing zur Übergabe an den Nachtdienst auf dem Programm.
2. Februar 2015