Im Hauptquartier der Hackdays: Nur wenige waren vor Ort, die meisten der über 100 Teilnehmenden arbeiteten vernetzt an ihren Laptops von zu Hause aus. (Bild zvg)
Das Forum als Challenge Owner an den Hackdays
Von Hans Beat Achermann (Text)
Wenn Sie jetzt Bahnhof verstehen, müssen Sie sich nicht verstecken. Wir erzählen Ihnen gerne, was das alles mit dem Thema «Wohnungssuche» und dem Forum Luzern60plus zu tun hat und was ein Hackathon ist.
Freitagmorgen um halb zehn Uhr, Ende November: Ein neonbeleuchteter Raum im «Laboratorium» an der Luzern Sternmattstrasse. Eine Stimmung zwischen Star-Wars-Kommandozentrale und sakralem Ritual. Stille im grossen Raum. Ein knappes Dutzend jüngere Menschen sitzen vor ihren Laptops und hören gespannt den 14 zweiminütigen Präsentationen zu, fast alle auf Englisch, vorne die Pitches (Folien) auf die Wand gebeamt. Mit Ausnahme der zwei ältern Herren vom Forum, die vor Ort sind, sind alle anderen Präsentatoren via Zoom zugeschaltet. Die zwei älteren Herren sind Riccardo Biffi und der Schreibende. Sie vertreten das Forum als sogenannte Challenge Owner. Zugeschaltet sind weiter über 100 aktiv Interessierte, sie werden sich in den nächsten zwei Tagen an die Arbeit machen, eine dieser 14 Challenges, also Herausforderungen, in Gruppen weiterzubearbeiten und digitale Lösungen zu entwickeln.
Kommunizieren mit Unsichtbaren
Bei diesen sogenannten Hackdays oder Hackathons kommen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammen und entwickeln innerhalb von zwei Tagen konkrete und kreative Lösungen für bestimmte vorgegebene Herausforderungen. Hacken hat hier nichts mit dem Illegalen Zugriff auf fremde Daten zu tun. Die Luzerner Hackdays, die zum zweiten Mal stattfanden, dieses Jahr unter dem Titel «Shape the City», wurden von der Hochschule HSLU zusammen mit der Organisation Opendata und der Stadt Luzern vorbereitet und getragen. Was als physisches Ereignis geplant war, fand nun coronabedingt weitgehend im virtuellen Raum statt.
Die Einladung ans Forum kam im Frühjahr von Master-Studierenden der Hochschule Luzern: Wir wurden eingeladen, ein Thema vorzuschlagen, das unter dem Oberthema Partizipation für die ältere Generation einen Mehrwert bringen kann. Es gab eine schnelle Einigung, das Thema Wohnen bzw. Wohnungssuche weiterzuverfolgen und als Challenge vorzuschlagen. In vielen Sitzungen über Skype wurde dann das Thema mit vier Studierenden des Master-Studiengangs Applied Information and Data Science soweit eingegrenzt, dass ein realisierbarer Vorschlag entstand.
Kurz vor zehn Uhr ist es dann soweit: Wir dürfen den vielen Unsichtbaren, die irgendwo an ihren Laptops sitzen, unsere Challenge mit der Nummer 104 vorstellen, auf Deutsch, angekündigt allerdings als «Flat Finder For Seniors». Ziel war es, in den nächsten 27 Stunden ansatzweise eine Online-Plattform zu programmieren und zu designen, die es älteren Menschen ermöglicht, in Luzern eine auf das Alter zugeschnittene Wohnung zu suchen.
Aus bereits bestehenden rund 3000 Wohnungsinseraten wurden bereits im Vorfeld altersspezifische Kriterien herausgefiltert. Die Forumsvertreter hatten dabei die Aufgabe, diesen Katalog zu überprüfen und zu ergänzen sowie Prioritäten zu setzen. Diese Datensätze bildeten dann die Basis für die letztlich sieben Teilnehmenden, die sich nach den Präsentationen für unsere Challenge entschieden hatten. Spannend war, wie man auf dem Bildschirm verfolgen konnte, wie sich über das Programm wonder.me die Interessierten als Punkte in die Kreise begaben, welche die einzelnen Challenges darstellten.
Eine kurze Nacht
Die beiden Forumsmitglieder, welche die Challenge inhaltlich mit vorbereitet hatten, waren in den folgenden Stunden zu Hause in zwei Zeitfenstern mit den am Thema Arbeitenden verbunden, um Fragen zu klären. Schon um 16 Uhr kam eine Mail: «Wir sind voll am Arbeiten» und am Samstagmorgen dann «Guten Morgen zusammen! Ich hoffe, ihr hattet eine gute Nacht! Unsere war gut, aber kurz. :-) Wir sind wieder fleissig am Weiterarbeiten.» Gespannt warteten wir auf die Präsentation der Ergebnisse, die auf Samstagnachmittag angesetzt wurde.
Dann, punktgenau um 14.45 Uhr, treffen sich über 100 Teilnehmende online zu den 14 Präsentationen, alle irgendwo in ihren Wohnungen. «We are excited to hear your results», sagt Moderatorin Marina Bräm und «Here we go». Dann gibt’s noch ein kleines technisches Problem in the background – auch das kann den Profis passieren. Als drittletztes ist unser Projekt an der Reihe: 3 Minuten sind vorgegeben. Dies müssten reichen, doch für einen digitalen Laien mit beschränkten Informatik- und Englischkenntnissen ist das zu kurz. Aber was ich verstanden habe: Das wird was Spannendes. Eine Luftaufnahme von Luzern, darauf überall Punkte, und wenn ich daraufklicke, wird die ausgeschriebene Wohnung angezeigt mit all den Kriterien, die ich angewählt habe. Ein Anfang ist gemacht. Jetzt liegt der Ball bei der Stadt Luzern.
Was aber genauso spannend war wie das Resultat: der Einblick in die digitale Zukunft und in eine Gegenwart, die völlig neue Kommunikationsmöglichkeiten bietet. Verblüffend auch, was mit dieser Arbeitsform innerhalb kurzer Zeit erreicht werden kann. Auch wenn ich nicht die Hälfte kapiert habe: Ich weiss jetzt, was Slack ist und wonder.me und kann mich mit 100 Menschen über Zoom verbinden. Und ich weiss auch, was ein Hackathon ist. Aber bei vielem verstehe ich immer noch nur Bahnhof. - 29. 11. 2020
hansbeat.achermann@luzern60plus.ch
Weitere Infos und die erwähnten Schlusspräsentationen finden Sie unter https://hack.opendata.ch/event/35