BildGeschichte 08/2016
Meringues zum Dessert
Von Edith Hausmann
Das Bild hält den Einzug der Erstkommunikanten in die Pfarrkirche Emmen fest. Ich bin das Mädchen zuvorderst links. Die meisten Leute besassen damals (um 1956) keine Kamera. Ein professioneller Fotograf hielt Ereignisse im Dorf wie Theateraufführungen, den Fastnachtsumzug etc. fest. Die nummerierten Fotos hingen dann im Schaufenster des Dorfladens aus und man konnte Bilder bestellen. Vorangegangen war dem Tag der ersten Kommunion eine Vorbereitungswoche mit täglicher Messe und der ersten Beichte. All dies war nicht so wichtig. Ich wünschte mir ein schönes Kleid. Mich beschäftigte auch die Wahl des Kommunionsgspänlis.
Das Kleid war für meine Familie ein finanzielles Problem. Eine Nachbarin bot meiner Mutter das Kleid an, das bereits ihre beiden Töchter getragen hatten. Ich ging zur Anprobe. Das Kleid passte und es gefiel mir. Die Nachbarin wusch, stärkte und bügelte es. An den Duft der Stärke erinnere ich mich noch heute.
Die begehrten Gspänli waren die Kinder aus den besseren Familien. Aber diese Familien, Bauern, Lehrers und die Familie des Arztes blieben unter sich. Sie sassen an der Dorfkilbi zusammen am selben Tisch und trafen sich in den Vereinen. Diese sozialen Schranken manifestierten sich auch bei den Kindern. Die Kinder aus den beiden Sozialwohnungsquartieren mischten sich nicht mit den Kindern der besseren Familien. Die einen wohnten in Bauern- oder Einfamilienhäusern, die andern in Wohnblocks. Dort lebten die kinderreichen Familien. Manche Väter tranken. In einer Familie glichen sich einige der Kinder nicht. Über deren Mutter wurde getuschelt.
Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen meines Gspänlis, aber daran, dass es zum Dessert Meringues gab. Dass bei meinem Gspänli gegessen wurde, war mir recht, denn ich fürchtete, dass sich meine Eltern streiten könnten. Wenn mein Vater schon mittags getrunken und meine Mutter ihm Vorwürfe machen würde. Dafür würde ich mich schämen.
Edith Hausmann (1949) hat in den letzten 10 Jahren vor der Pensionierung bei Caritas Luzern als Fundraiserin/PR-Fachfrau gearbeitet, davor in weiteren NGOs in ähnlicher Funktion. Für Peace Watch Switzerland war sie in Palästina und in Mexiko als freiwillige Menschenrechtsbeobachterin tätig.