Altern und Wohnen: Integriertes Versorgungskonzept für die Region Luzern
Die Studie der Hochschule Luzern "Altern und Wohnen in der Region Luzern" legt zunächst eine quantitative und qualitative Bestandesaufnahme vor: Wie viele Menschen im Alter 65 plus leben in den Gemeinden? In welcher Haushaltsform leben sie? Wie steht es um das Angebot an Pflegeleistungen wie Spitex und Pflegebetten? Was planen die Gemeinden? Die Studie zeigt danach auf, in welche Richtung sich der Bedarf entwickelt. Und die Autoren formulieren Empfehlungen an die Gemeinden. Der Schlussbericht ist das Resultat von Gemeindebefragungen und zahlreichen Interviews in Fokusgruppen; er stützt sich ferner auf statistische Bevölkerungsdaten.
Grosse Mehrheit wohnt in Privathaushalten
Wer beim Thema Wohnen im Alter zuerst an das Alters- oder Pflegeheim denkt, den mögen die Zahlen zur Wohnsituation älterer und alter Menschen überraschen: Im städtischen Raum leben 97,5 Prozent der Menschen im Alter zwischen 65 und 80 Jahren im Privathaushalt, am häufigsten in einem 1- oder 2-Personenhaushalt. Selbst zwei von drei 90- bis 94-Jährigen leben noch zu Hause. Das ist möglich dank des grossen Engagements von Angehörigen, aber auch von Freiwilligenarbeit, informeller Nachbarschaftshilfe und ambulanten Diensten wie der Spitex.
Information verbessern
Die meisten Gemeinden schätzen, dass sie heute den Bedarf älterer Menschen mehrheitlich abdecken. Lücken bestehen vor allem bei Angeboten für Menschen mit Sucht- oder psychischen Problemen, auch für Menschen mit Demenz. Zusatzbedarf besteht bei Zwischenformen zwischen ambulanter und stationärer Betreuung, zum Beispiel Betreutes Wohnen oder temporäre Pflegeplätze. Benötigt werden auch Entlastungsangebote für Angehörige, Tages- und Nachtstrukturen, eine ausgebaute Palliativpflege. Nicht zuletzt muss die Information der Betroffenen oder von Angehörigen über die Angebote besser werden. Es braucht Anlauf- und Koordinationsstellen, die für die Abstimmung der Angebote, für sinnvolle Übergänge und Information sorgen.
Trend geht Richtung „Bauen für alle“
Mit der demografischen Alterung wird die Zahl der hilfs- und pflegebedürftigen Personen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten deutlich zunehmen, schreiben die Autoren der Studie. Dies dürfte die Agglomerationsgemeinden noch deutlicher als die Stadt Luzern betreffen, denn in Luzern ist der Altersquotient schon heute grösser als in den meisten umliegenden Gemeinden.
Dieser Herausforderung ist nicht (nur) mit mehr Pflegebetten zu begegnen. Vielmehr gehe der Trend „Richtung integrierter Wohnformen, welche Autonomie und Gemeinschaft verbinden, sowie in Richtung ‚Bauen für alle’ anstelle von Sonderformen“, so der Projektkoordinator und Mitautor Jürg Krummenacher, Leiter Interdisziplinärer Schwerpunkt Gesellschaftliche Sicherheit und Sozialversicherungen an der Hochschule Luzern. Er begründet dies unter anderem mit veränderten Erwartungen der heute alternden Generation, die stark auf Autonomie auch beim Wohnen bedacht ist. Und die zudem oft finanziell besser gestellt und besser ausgebildet ist als frühere Generationen.
Dieser Anspruch auf Selbständigkeit im Wohnen, wie er auch in den Fokusgruppen zum Ausdruck kam, kommt einer präventiven Grundhaltung entgegen: Wenn gleichzeitig das Gemeinschaftliche, also auch die sozialen Netzwerke funktionieren, können viele Betagte bis ins hohe Alter ohne professionelle Hilfe oder aber mit ambulanten Unterstützungsleistungen im gewohnten Umfeld leben. „Der Grundsatz ‚ambulant vor stationär’ ist auch von volkswirtschaftliche Bedeutung. Wir müssen viel stärker auf neue Wohnformen setzen. Pflegebetten wären erheblich teurer“, sagt Oskar Mathis, Leiter der Regionalplanung Alterspolitik Luzern und Horwer Sozialvorsteher.
Gemeindeübergreifende Kooperation
Die Autoren empfehlen den (weniger grossen) Gemeinden ausserdem, in ausgewählten Bereichen der Alterspolitik vermehrt gemeindeübergreifend zu planen und zu kooperieren. So beispielsweise beim Austausch von Fachwissen oder bei Tages- und Nachtstrukturen und der Palliativpflege.
Marietherese Schwegler – 28. Oktober 2013